Der Multifunktionsturm

Der Windmühlen (Wasserturm)

Die wohl älteste Neusser Windmühle diente der Stadt als Festungsturm, Gefängnis und später als Wasserspeicher.

Schon im 15. Jahrhundert gehörte der Mühlenturm mit seinem kegelförmigen Dach und den mächtigen Flügeln zur Stadtsilhouette. Auf einem der ältesten bekannten Holzschnitte der Stadt aus dem Jahr 1477 ist das Gebäude zu sehen und damit wohl eine der ältesten Neusser Mühlen.

 

Als Festungsturm wurde er Teil der Stadtmauer. Schießscharten zeugen von kriegerischen Zeiten. Seit dem Mittelalter nutzte die Stadt den Turm auch als Gefängnis.

1570 - 1635
Hester Meurer, geb. Jonas, war Hebamme aus Neuss und beschäftigte sich mit Kräuterkunde.

Hester wurde mit 64 Jahren der Hexerei beschuldigt und angeklagt. Angeblich schade sie Menschen und Tiere. Sie sei vom Teufel besessen. Aus der Prozessakte von 1635 soll Hester insgesamt 10 Stunden auf dem Folterstuhl mit Eisennägeln verhört worden sein. Schließlich brach Hester Meurer zusammen und gestand, was man von ihr wissen wollte.

Doch fand Hester Meurer die Kraft, aus dem Gefängnis zu entfliehen und im Windmühlenturm, in dem sie nach ihrer Auffindung gesperrt wurde, ihr Geständnis zu widerrufen. Nachdem sie am nächsten Tag ausgepeitscht worden war, wiederholte sie aus Furcht vor erneuter Folterung die ihr abgepressten Geständnisse.

Das war am 22.12. 1635. Am 24.12.1635 wurde Hester Meurer, durch einen Scharfrichter mit dem Schwert enthauptet.

Heute wissen wir, dass Hester Meurer eine Frau war, die sich mit Heilkunde auskannte. Sie setzte sich sehr für Menschen ein, denen sie half. Zudem hatte sie eine Krankheit, die heute als Epilepsie bekannt ist. Dadurch kam es vor, dass sich ihre Gesichtszüge veränderte oder ihr Körper zuckte.

Die Krankheit und Symptome waren ein Grund für die Anschuldigungen gegen sie. Außerdem nutzte sie zum Heilen oft Alraunwurzel. Die Alraunwurzel war eine Heil - und Ritualpflanze und galt damals Zaubermittel.

Matthias Weber, der als Fetzer bekannte Anführer einer Neusser Räuberbande, die den Niederrhein unsicher machte, saß 1796 im Windmühlenturm. Auf ihr Konto ging neben diversen Morden und Einbrüchen auch der dreiste Raub des Tafelsilbers aus dem Neusser Rathaus.

Doch nicht einmal die meterdicken Mauern konnten den Fetzer und sein Gefolge aufhalten.
Die Gefangenen brachen ein Loch in die Decke des Untergeschosses, seilten sich über die Leinentücher der Windmühlenflügel ab und verschwanden.

Bis ins 19. Jahrhundert blieb die Windmühle in Betrieb. Korn wurde dort aber nur selten gemahlen, diese Aufgabe hatten die vielen anderen Wassermühlen der Stadt übernommen.

Nach und nach verfiel der Mühlenturm. Schon 1845 konnte die Stadt das Gebäude nicht mehr verpachten, niemand hatte an dem baufälligen Turm Interesse.
Die beiden unteren Geschosse dienten von da an als Lagerhallen, im untersten Gewölbe richtete die Stadt ihren Eiskeller ein.

 

Wäschebleiche

 

Zwischen Windmühlen (Wasserturm) und Rosengarten, an einem Nebengraben des von der Erft gespeisten Stadtgrabens, erinnerte bis in die 20er Jahre eine Wäschebleiche an ein altes Neusser Gewerbe und an die einstmals gesuchte Qualität des Erft Wassers.

Nachdem das Gelände mit dem Häuschen der Bleicherfamilie in den Besitz der Stadt übergegangen war, ließ die Gartenverwaltung hier einen prachtvollen Staudengarten anlegen, der nach den Verwüstungen des letzten Krieges nicht mehr erneuert wurde.

 

Quelle: Lieselotte Wienand/Neuss History

 

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