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Unser heutiges Altbier

Unser heutiges Altbier stammt aus Neuss

Die längste Theke der Welt gibt es vielleicht in Düsseldorf. Das süffige Altbier stammt aber auf jeden Fall aus Neuss. In Neuss, dem 13. Jahrhunderts.
Es ist ein schlammiger Weg, über den die Horde von betrunkenen Pilgern und Mönchen torkelt. Laute Lieder. Zotige Witze. Gellendes Gelächter.

 

Die Gruppe junger Männer hat sich untergehakt, taumelt ausgelassen über die Straße.

Mit Schlagseite, hoch alkoholisiert. Bolkerstraße 2009? Denkste wohl. Wir sind im tiefsten Mittelalter. Ausstellung beweist: Hier wurde schon im 13. Jahrhundert für Pilger gebraut.

 

Im 15. Jahrhundert, als das große Düsseldorf tatsächlich noch ein Dorf war, wurde auf der Rheinseite der Neusser, zu dem Zeitpunkt schon eine Stadt mit über 4.000 Seelen, bereits kräftig Bier gebraut. 41 Brauer und sogar Brauerinnen produzierten das sogenannte "Dünnbier".

Und das erfreute sich schon damals großer Beliebtheit, weiß Dr. Carl Pause, Museums-Archäologe am Clemens-Sels-Museum in Neuss, zu berichten.

"Wir haben im Stadtarchiv die Belege für die Steuerzahlungen auf die Gerstesäcke, die damals verarbeitet wurden", sagt er. Nach seinen Erkenntnissen wurden zum Beispiel im Jahr 1502 nachweislich bereits 2,7 Millionen Liter Bier gebraut, eine nicht unerhebliche Menge, die nicht nur die Nachfrage in Neuss deckte, sondern teilweise bereits damals "exportiert" wurde.

Im "Hospital zum Heiligen Geist" heute das Lukaskrankenhaus wurden damals sogar die Patienten mit dem dunklen Bier als "Nahrungsmittel" versorgt. Ein "Quart", etwa anderthalb Liter pro Kopf, schenkte man täglich als Lebensmittel aus. Im Museum finden sich unzählige Bierkrüge aus dieser Zeit, die genau dieser Maßeinheit entsprechen.

Auch zahlreiche Pilger, die seit 800 Jahren das Quirinus-Münster besuchten und die vielen Handelsreisenden, die in der Rheinstadt Halt machten, wussten das gute Alt aus "Nuyss" zu schätzen.

 

 

Ganz ohne Reinheitsgebot

Vom deutschen Reinheitsgebot war man damals allerdings noch weit entfernt. Jeder braute sein eigenes Rezept des "Grutbieres" aus Malz und "Grut", einem Würzzusatz aus Anis, Kümmel, Lorbeer, Kirschen, Wacholder, Gagel oder dem giftigen Schwarzen Bilsenkraut.

Die gestrenge Stadtverwaltung sah sich öfters gezwungen, das Brauen des sogenannten "Dollbiers" vorübergehend ganz zu verbieten, wenn wieder Vergiftungserscheinungen, Sprachstörungen oder auch plötzliches Koma als Nebenwirkungen auftraten.

Erst ab dem 15. Jahrhundert setzte sich dann das heute hoch geschätzte Hopfen-Bier durch. Es hatte durch den Hopfen auch eher eine beruhigende als berauschende Wirkung auf seine Konsumenten und die typische dunkelrötliche Farbe.

Wie kommt es jedoch, dass alle Welt glaubt, das Altbier sei eine Düsseldorfer Erfindung?

"Ganz einfach: Weil dort mehr Brauereien stehen und in Neuss nicht mehr", weiß Dr. Pause.

Heute steht von den einst 15 florierenden Betrieben in Neuss nur noch die Brauerei
"Im Dom", ein ehemaliger Familienbetrieb aus dem Jahr 1601.

Gerade auch nach dem Krieg, als einige der Brauereien durch Bomben zerstört waren, wechselten diese das Rheinufer und zogen in die inzwischen große Stadt Düsseldorf.

An der Beliebtheit des Alt hat es jedoch auf beiden Rheinseiten nichts geändert - egal wo nun die längste Theke steht.

Quelle: Bild Magazin für Neuss

 

Bierkrüge aus Neuss 15.-16. Jahrhundert

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In diesen Tonkrügen wurde bereits im Mittelalter Alt in den Brauereien und im damaligen Krankenhaus als "Nahrung" ausgeschenkt.

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Warum war Neuss so bedeutend?

Nun, hier lebten zu jener Zeit 4000 Menschen, in Düsseldorf waren es gerade mal 500. Die alte Römerstadt Neuss hatte Münzprägerechte, die Münsterkirche St. Quirin lockte Pilger, hier kreuzten wichtige Handelsstraßen. 1493 gab es 41 Brauer in der Stadt, die 2,7 Millionen Liter Bier produzierten.

Das tranken die Neusser nicht allein, das meiste war für den Export. So wurde 1382 auch Düsseldorf ein Kunde für das Bier aus Neuss, unser heutiges Alt.

Von: Jörg Hakendahl [Bild]

 

1382: Düsseldorfer kaufen Ihr Bier in Neuss ein!

Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts war Bier ein Grundnahrungsmittel in Neuss. Besonders in Städten mit verunreinigtem Brunnenwasser, zu denen auch Neuss gehörte, waren abgekochte Getränke von großer Bedeutung. Das Malz wurde aus gerösteter Gerste gewonnen. Als Bierwürze verwendete man am Niederrhein ursprünglich „Grut“, die aus verschiedenen Kräutern, -vor allem aber aus den Blättern des Gagelstrauches, einer in Mooren und feuchten Heiden wachsenden Pflanze- hergestellt wurde.

 

Seit dem 14. Jahrhundert verdrängte Hopfen allmählich den Gagel. Bereits 1339 Ist in Neuss ein städtisches Brauamt belegt. Nach der Neusser Qualitätsverordnung von 1358, die etwa 150 Jahre älter ist als das heute oft zitierte bayerische Reinheitsgebot von 1516, sollte das Bier „gut gekocht“ sein.

An der Erft verstand man sich auf das Bierbrauen: 1408 betonte man, dass das Neusser Bier besser als das Kölner sei. Sogar in Düsseldorf bezog man 1382 Bier aus Neuss. Die Neusser stellten Dünn-, Dick und Hopfenbier in großen Mengen her: Aus dem 1501 Versteuerten Braumalz konnten circa 2.700.000 Liter stärkeres Hopfenbier hergestellt werden.

Um 1500 lag der jährliche Bierverbrauch in Neuss bei circa 270 Litern je Einwohner, Kinder und Säuglinge eingerechnet. Das “Gasthaus zum Heiligen Geist“ an der Oberstraße, ein Hospital, in dem kranke, behinderte oder gebrechliche Menschen Unterkunft und Pflege erhielten und Rechtsvorgänger des Lukaskrankenhauses, versorgte täglich etwa 50 „Hausarme“ mit einer Quart Bier (1,5 Liter).

Quelle: Clemens-Sels-Museum

 

 

Noch mehr Wissen

Das Deutsche Reinheitsgebot ist die älteste, heute noch gültige lebensmittelrechtliche Vorschrift der Welt. Nach der Reichsgründung 1871 ging das Reinheitsgebot in das Verfassungsmäßige deutsche Recht über und wird bis heute von den deutschen Brauern nach deren eigenen Aussage konsequent eingehalten.

Den ältesten Nachweis dafür, dass Bier auf deutschen Boden gebraut wurde, liefern Bieramphoren, die bei Kulmbach im fränkischen Gebiet gefunden wurden. Ihr Ursprung Wird auf etwa 800 v. Chr. datiert.

Im Mittelalter waren es im europäischen Raum hauptsächlich Klöster, die die Braukunst weiter entwickelten. Bier wurde insbesondere zur Fastenzeit in großen Mengen konsumiert, da Flüssigkeiten nicht als Bruch des Fastens gesehen wurde. Darüber hinaus Stellte der Verkauf von Bier eine wichtige Einnahmequelle für die Klöster dar.

In elf deutschen Klöstern wird noch Bier gebraut.

Quelle: Diebels

 

 

Grut

Grut (Bierwürze)
Grut (auch Gruit) ist eine in ihrer Zusammensetzung variable Kräutermischung, die zum Würzen von Bier eingesetzt wird. Klassisch mit Grut gebraute Biere werden auch als Grutbiere bezeichnet und waren über Jahrhunderte vor allem entlang der Nordseeküste weit verbreitet. Besonders in Belgien und den USA nimmt die Beliebtheit von Grut als Bierwürze wieder zu.

Name
Die Bezeichnungen „Grut“, „Gagel“ und „Porst“ wurden früher in Nordeuropa oft synonym verwendet, weshalb ihre Unterscheidung in alten Quellen Schwierigkeiten bereitet. Sowohl der Sumpfporst (Rhododendron tomentosum, Wilder Rosmarin) als auch der Gagelstrauch wurden in Nordeuropa schon früh zum Bierbrauen verwendet. Solche Biere heißen seit dem Mittelalter Grutbier.

Viele Wörter des mittelalterlichen Brauwesens gehen auf die Bezeichnung „Grut“ zurück, wie Grutrecht oder Gruthaus und mehrere Familiennamen lassen sich davon ableiten, wie zum Beispiel Grüter, Gruiter oder de Gruyter.

Zusammensetzung: Grutzutat Gagel (Myrica gale)
Die jeweilige Zusammensetzung des Grut variiert. Die häufigsten Zutaten sind Porst (insbesondere Schweden und Baltikum) und Gagelstrauch (insbesondere Norddeutschland, Dänemark, Niederlande, Belgien, England). Aber auch Schafgarbe, Heidekraut, Beifuß, Rosmarin, Salbei, Lorbeer, Mädesüß, Anis, Kümmel, Muskatnuss, Zimt, Ingwer, Wacholder, Koriander, Orangenschalen und bisweilen Hopfen wurden verwendet.

Diese Zutaten verleihen den mit Grut gebrauten Bieren ein fruchtig-würziges Aroma. Dank der im Vergleich zu Hopfen geringeren Bitterkeit des Gruts dominiert in den meisten Grutbieren ein süßlicher Geschmack. Da Grut keine antimikrobiellen Eigenschaften wie Hopfen besitzt, haben die mit ihm gebrauten Biere eine nur geringe Haltbarkeit.

Der Sumpfporst enthält ein ätherisches Öl (Ledumöl; Hauptwirkstoff Ledol), das stark berauschend wirkt, in höheren Dosierungen zu Krämpfen, Wut und Raserei führt. Gelegentlich wurden auch Zusätze wie Schwarzes Bilsenkraut, Tollkirsche und Stechapfel, die halluzinogene Eigenschaften besitzen, beigefügt.

Geschichte
Aufgrund von archäologischen Funden im Gebiet der Rheinmündung kann angenommen werden, dass Gagel dort bereits zur Zeit Christi Geburt zum Bierbrauen verwendet wurde. Die erste Erwähnung des Gruts als Bierzutat, damals noch unter seiner lateinischen Bezeichnung materiam cervisiae, geht auf das Jahr 974 zurück, als der römisch-deutsche Kaiser Otto II. per Erlass die Grutrechte, das heißt das Recht des Handels mit Grut, an die Kirche von Lüttich übertrug.

Die Bezeichnung „Grut“ wurde erstmalig im Jahr 999 erwähnt, als der römisch-deutsche Kaiser Otto III. der Martinuskirche in Utrecht das Grutrecht schenkte.

Das Grut blieb bis in das 13. Jahrhundert im norddeutschen und im niederländischen Raum sowie in Flandern die einzige Bierwürze. Seit dem 13. Jahrhundert dringt das Hopfenbier in die Grutbiergebiete ein, und zwar aus den deutschen Hansestädten, für die dieses ein wichtiges Exportprodukt war. Die Inhaber der Grutrechte versuchten über reglementierende Vorschriften, das Vordringen des Hopfenbieres in ihre Gebiete abzuwehren, konnten dessen Ausbreitung jedoch nur verzögern.

Die Hopfenbiere konnten sich vor allem durchsetzen, weil sie wegen der konservierenden Wirkung des Hopfens haltbarer als Grutbier waren, das schnell verdarb und daher nicht exportiert werden konnte. Zudem war der Hopfen als Bierwürze billiger als die Grut, und auch geschmackliche Gründe mögen eine Rolle gespielt haben.

So beklagte 1548 der Stadtchronist von Dortmund Dietrich Westhoff eine regelrechte Verdrängung des Grutbiers durch andere Sorten, so dass schließlich „des edeln gruten beers wenig gebrouwert wert“.

Seit dem 16. Jahrhundert wird das Grutbier mit Vergiftungen in Verbindung gebracht, die immer häufiger zu Verboten führten. Inzwischen durchgeführte chemische Untersuchungen konnten jedoch keine schädlichen Inhaltsstoffe identifizieren.

Auch heute gibt es in einigen Ländern noch – oder wieder – Grutbiere, zum Beispiel Porse Guld von der Brauerei Thisted in Dänemark, Grozet Gooseberry von der Brauerei Williams in Schottland, Myrica von der Brauerei O'Hanlons in England oder Gageleer von der Brauerei De Proefbrouwerij und Steenbrugge der gleichnamigen Brauerei in Belgien.

Quelle: WIKIPEDIA

 

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Gagel

Illustration: männliche und weibliche Pflanzen und Blüten

Der Gagelstrauch (Myrica gale), auch Gagel genannt, gehört zur Familie der Gagelstrauchgewächse (Myricaceae). Der Gagelstrauch steht auf der Roten Liste der gefährdeten Pflanzenarten und ist in Europa die einzige Art der Familie Myricaceae.


Beschreibung
Der Gagelstrauch wird 0,5 bis 1,5 m hoch. Er ist ein winterkahler Strauch, der dicht mit Drüsen besetzt ist. Diese Drüsen sondern ätherische Öle mit α-Penin, D- und Y-Cadinen und Limonen ab. Die Blätter haben einen aromatisch bitteren Geschmack.


Blüten
Die Gagelsträucher sind zweihäusige Pflanzen (diözisch), die „Windblüten“ sind vom „unbeweglichen Typ“. Weibliche Blüten stehen in kurzen, männliche in länglichen Ähren (Kätzchen) ab.

Ökologie
Der Gagelstrauch bildet mit dem Strahlenpilz Frankia alni eine Stickstoff-fixierende Wurzelsymbiose aus.

Quelle: WIKIPEDIA

 

Reinheitsgebot von 1516

 

 

 

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