Die Niederstraße

Die Niederstraße

Wo der Hamtorwall vom Niederwall abgelöst wird, stand einmal das Niedertor, von wo im Mittelalter der Handelsweg nach den Niederlanden ging über die Steinhausstraße (im vorderen Teil heute Tückingstrasse genannt), die den Glehner Weg, die jetzige Kapitelstraße, kreuzte.

Weil in der Zeit der französischen Herrschaft die Niederstraße in gerader Linie bis zur Furth als Bezirksstraße ausgebaut werden sollte, was allerdings dann erst 1815 geschah, wurde das Niedertor als erstes der Neusser Stadttore schon 1802 abgebrochen und durch eine eiserne Pforte ersetzt. Durch das Vorwerk des Tores geschützt, lag am Erftgraben eine Mühle mit doppeltem Geläuf, die, gleich den anderen Mühlen, während der kurkölnischen Herrschaft in den Besitz der Stadt übergegangen war.

Nachdem 1853 mit den Resten des einstigen Niedertores auch die Ruinen der alten Mühle abgetragen worden waren, entstand dort eine neuzeitliche Mühle, die das architektonisch-ästhetische Bild der Niederstraße keineswegs verschönerte, und so war man allenthalben froh, als das Gebäude 1923 durch das „Haus Niedertor" ersetzt wurde, dessen hoher Treppengiebel aus Backstein an die alten Neusser Bürgerhäuser erinnert.

Dabei deuten der eingemauerte Mahlstein und die beiden Steinköpfe, die einen Kornhändler und einen Müller darstellen, die ehemalige Bestimmung des Hauses an. Von den 70 Häusern, die die Niederstraße Ende des 18. Jahrhunderts zählte, stehen nicht mehr viele. Das älteste Gebäude ist der „Bunte Ochse", der seit dem 15. Jahrhundert existiert, in seiner jetzigen Gestalt aber erst 1604 gebaut wurde, nachdem er 1586 abgebrannt war. Im Innern finden wir wieder die für den niederrheinischen Hausbau charakteristische große Vorhalle mit den eingehängten Zwischengeschossen, deren Fenster zur Halle gehen.

Wenn auch der Name „Marienbildchen" nicht mehr geläufig ist, seitdem die Altbierkneipe verschwunden ist, so hat die Figur der Gottesmutter dennoch ihre Nische hochoben im Giebel behalten. Blickfang der Niederstraße ist die Zwiebelhaube des Dachreiters auf der Sebastianuskirche, die den Untergang der mittelalterlichen Ordenskirchen während der Säkularisation überlebte. Es war die Niederlassung einer klösterlichen Genossenschaft nach der 3. Regel des hl. Franziskus: der franziskanischen Tertiarier.

Während die Kirche als Nebenkirche zu St. Quirin erhalten blieb, wurde in den Klostergebäuden seit 1803 eine Textilfabrik eingerichtet. Dem geistlichen Zweck wurde das ehemalige Kloster 1852 wieder zugeführt, als Lazaristenpatres dort das erzbischöfliche Seminarium Marianum eröffneten, das bis zum Kulturkampf 1873 erhalten blieb. Danach diente es der Stadt bis 1942 als Invalidenheim.

Sein Glöckchen, so behauptete der Volksmund, mahnte morgens mit blechernem Ton die alten Männer: „Kämm, kämm dech! Wasch, wasch dech!"

 


 

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